Ein Tag in Budapest

Beim Spaziergang durch Budapest folge ich der Route eines kleinen Reiseführers, den ich schon in München gekauft hatte. So startet der Tag auf Burghügel von Buda mit einem Blick auf die Matthiaskirche. Im Scherz denke ich mir noch: „Oh, da blieb noch etwas Schutt vom Bau liegen.“ – Kurz darauf wird klar, dass größerer Teile des Burgberges komplett renoviert bzw. neu errichtet werden. Nicht immer geht dabei Ästhetik vor Kitsch und Protz. Dafür ist alles schön auf Hochglanz geschrubbt. Schwde ist, dass kaum erkennbar ist, was neu und was original ist. Auf mich wirkt die Szenerie wie eine Mischung aus Disneyland und Las Vegas – mit weniger Pappmaschee und mehr Beton.

Weiter geht es zügig den Hügel hinab an einer beieindruckenden Raubvogelstatue vorbei. Dies ist der Turul, einer Mischung aus Falke und Adler aus der ungarischen Mystik. Der Abstieg führt durch ein geschmackvolles Treppenhaus im Jugendstil. Der Epoch des Jugendstils ist die Glanzzeit Budapests. Es macht Spaß durch die Straßen zu schlendern und immer neue Verzierungen an den Stadtpalästen zu entdecken.

Bevor ich die Donau in Richtung Pest überquere gibt es zur Stärkung eine Limonade. In Ungarn gibt es nämlich nicht nur Wein, Bier und Kaffee sondern auch eine ausgesprochen vielfältige Limonadenkultur. Überall werden hausgemachte Limonaden in vielen Geschmacksrichtungen nicht nur angeboten sondern auch gerne konsumiert. 

Später am Nachmittag erreiche ich den Freiheitsplatz, der im Teichen der jüngeren Geschichte steht und ein faszinierendes Potpourri verschiedenster Eindrücke mit sich bringt. Im Zentrum steht ein sowjetisches Denkmal an die Befreiung Ungarns durch die UdSSR. Drumherum findet ein riesiges Craftbierfest statt. Unter dem Platz ist eine Tiefgarage. Umrahmt wird er von der Börse und dem Anwesen der US-Botschaft. Als Gegenpol zum Sowjetdenkmal wurden Statuen von Reagan und neuerdings auch Bush, dem älteren aufgestellt. 

Am Eingang zur Tiefgarage steht ein weiteres Denkmal, diesmal zum Gedenken an die Opfer der deutschen Besatzung: Raubvogel über Engel Gabriel. Ich dachte gleich wieder an Turul, was aber nicht passt. Denn es ist der deutsche Adler, der den Überfall symbolisiert. Das Denkmal steht wohl in der Kritik, das es Ungarns Rolle im zweiten Weltkrieg verharmlosen soll. Ausdrucksstark ist es allemal.

Ich beende den Streifzug am Parlament und spaziere danach ins Hotel zurück. Fazit: Budapest ist eine interessante Stadt, weniger wegen der Sehenswürdigkeiten oder Museen, eher wegen der munteren Mischung aus Jugendstil und Ostblockflairs sowie der vielen, jungen, internationalen Einwohner und Besucher.

Matthiaskirche – auch hier wohl nach dem erstem Turm das Geld verbraucht.
Mittelalter anno 1902
der Turul
Jugendstiltreppenhaus
Nochmal
ein Hotel in Pest
Ein Mond in einer Passage
Deutscher Adler überfällt Engel Gabriel mit Bierfest im Hintergrund
Bierfest auf dem Freiheitsplatz
Blick zurück auf Buda
Begegnung mit dem Sensenmann.
Eine letzte Installation Mit Miezekatze, neben meinem Hotel.

Über Esztergom nach Budapest

In Komarom hatte ich noch ein „aha“-Erlebnis. Auf dem Weg zum Abendessen kreuzte ich die Donau. Erst da wurde mir bewusst, dass die Stadt geteilt ist und je zur Hälfte in der Slowakei und Ungarn liegt. (Obwohl: Der slowakische Teil nennt sich Komarno, in Ungarn heißt es Komarom – die Stadt wurde wohl nach dem ersten Weltkrieg getrennt.) Denn die Donau ist streckenweise der Grenzfluss zwischen den beiden Ländern. Entsprechend führte die fünfte Etappe dann auch komplett durch die Slowakei.

Noch besser: Die beiden letzten Tage führten zu größeren Teilen nah am Donauufer entlang, was zumindest zeitweise einen kühlenden Wind mit sich brachte. Zu Esztergom habe ich nicht viel zu schreiben. Es ist ein hübsches Städtchen, mit einem schwülen, fast schon tropischen Klima.

Die letzte Etappe sollte eigentlich mit einer Bahnfahrt nach Budapest hinein enden. Da ich gut vorankam, fuhr ich jedoch mit dem Rad weiter. Entsprechend erschöpft kam ich so erst am Abend in Budapest an. Budapest besteht aus zwei Stadtteilen, die von der Donau getrennt werden: Buda und Pest. Dies ist so ähnlich wie in Nußloch, wo seit jeher der Leimbach die Ortsteile Nus und Och trennt. Der badische Volksmund hat das vereinigende „sl“ zur besseren Aussprache hinzugefügt. Doch das erkunden der beiden Stadthälften steht erst morgen an.

insgesamt war ich an den 6 Tagen 23 Stunden unterwegs und habe knapp 400km dabei zurückgelegt. Meine Durchschnittsgeschwindigkeit war damit etwa 17,4km/h. Maximal war ich einmal knapp 42km/h schnell.

Wahrscheinlich schreibe ich übermorgen auf der Heimfahrt im Zug noch eine Zusammenfassung und berichte etwas über Budapest. Danach geht es nächste Woche weiter in die Dolomiten.

Donaubrück zwischen Komarno und Komarom. Man beachte die Trennung von Dampfeisenbahn und Donaudampfschiff.
Schwimmbad hinterm Hotel mit Regenbogenbrücke.
Donauimpression
Esztergom
Ein kitschiges Sonnenuntergangsbild mit Donau sei mir erlaubt.
Überquerung der Donau per Fähre.
Ungarns Parlament – in Pest.
Ausrutscher nach dem Abendessen – dabei hatte ein Schild sogar gewarnt.
Kunstinstallation in Budapest.

Weiter über Györ nach Komarno

Die Strecke der letzten beiden Tage verlief nur durchs Landesinnere ohne Blicke auf die Donau. Die Landschaft ist weiterhin sehr flach. Mit der Zeit schärft sich aber der Blick auf schöne Details Ungarns. In vielen Ortschaften gibt es schöne Parks mit schattigen Bänken. Manchmal steht auch ein verlassenes Schloß am Wegesrand. Fast überall gibt es auch Brunnen, um Trinkwasser aufzufüllen. Mein Wohlfühlwasserdurchsatz liegt bei etwa einem Liter auf 20km.

In Györ kam ich früh genug für etwas Sightseeing an, bestieg den Bischofsturm und besichtigte die barocke Kathedrale. Dabei war unübersehbar, dass Györ wohl tiefreligiös ist. Das Tolle daran ist, dass mein Hotel ein ehemaliges Karmeliterkloster war und ich stielgerecht in einer Mönchszelle übernachten konnte.

Die heutige Strecker wäre großteils neben einer stärker befahrenen Landstraße verlaufen. Da ich Lust auf etwas „Abenteuer“ hatte, plante ich spontan um und folgte der alten Route, mit schlechteren Wegen und deutlich mehr Kilometern. Dafür kam ich an einem berühmten ungarischen Gestüt vorbei, das aber nicht einladend wirkte.

Morgen gibt es aber wieder mehr Donau.

Ungarn erinnert öfters an die Weiten der USA
verfallenes Schloß mit Park
Der Bischofspalast – mit Schwanenhelm. Scheint mir unpraktisch gewesen zu sein.
Blick auf die barocke Kathedrale.
Kathedrale von innen, mir liegt die Gotik mehr.
Blick aufs Klosterhotel hinter der Kirche.
Mein Zimmerchen.
Leben in Ungarn nachts statt, z.B. in Form kubanischer Massentänze.

Von Wien über Bratislava nach Mosonmagyaróvár

Zwei Tage radfahren liegen jetzt hinter mir. Es war heiß und der erste Tag auch lang. Im Gegensatz zum Wandern hat sich aber noch kein Muskelkater angemeldet. Doch der Reihe nach. Am Donnerstag früh startete ich an der Donau und kam gleich gut voran. Der Weg driftet häufiger von der Donau weg. Ich blieb aber in Ufernähe und geriet prompt auf eine lange Landzunge, was ich erst an ihrem Ende bemerkte und dann ca. 5km wieder zurückfahren durfte. Seitdem bleib ich, auch wenn es langweiliger ist, fast immer auf der ausgeschilderten Route.

Am Nachmittag begab ich mich auf einen längeren Abstecher nach Carnuntum, einer riesigen römischen Ausgrabung. Wahrscheinlich ist es notwendig einen ganzen Tag in dem Gebiet zu verbringen. Ich bekam nur einen flüchtigen Eindruck der wiederaufgebauten Gebäude.

Nach einem kurzen Schauer mit Regenbogen erreichte ich am Abend Bratislava. Der Tageskilometerzähler zeigte 91km. Den Spaziergang durch die Stadt zur Burg hinauf verschob ich deshalb auf den nächsten Morgen.

In Bratislava traf Mittelalter auf den real existierenden Sozialismus. Letzterer wurde aber schon ziemlich radikal in die Außenbezirke der Stadt verdrängt.

Nach dem Stadtrundgang ging es wieder mit dem Rad weiter nach Ungarn. Die Tour war mit 42km deutlich kürzer, leider gab es aber nur wenig zu sehen. Ungarn ist halt platt und weit, was die allgemein gute Laune der Touristen und Einwohner aber nicht schmälert.

Jetzt sitze ich in der pituresken Kleinstadt Mosonmagyaróvá. Morgen geht es nach Győr.

Wien, Donau und mein Fahrrad.
Das Römerlager Carnuntum. Einige (die meisten) Ausgrabungen sind noch im Rohzustand . Einige Häuser sind aber mit viel Fantasie wieder aufgebaut worden und können besichtigt werden.
Im Inneren eines Hauses.
Regenbogen bei 33°C
Bratislava bei Nacht …
.
Grenzübergang nach Ungarn
… und die Burg bei Tag
Mosonmagyaróvár

Wien – Budapest: Ein Tag in Wien

Ich muss Urlaub abbauen und bin deshalb mal allein unterwegs. Schon lange reizte mich mal eine längere Radtour. Als Einstieg bietet sich die Donau an. Spontan entschied ich mich für die Route von Wien nach Budapest.

Gestern brauchte ich den gesamten Tag für die Anreise per Bahn. Der Radtransport verlief problemlos, nur ist es schwieriger, bei Verspätungen spontan auf andere Züge auszuweichen, was mir vier Stunden Bonusaufenhalt in München ermöglichte (ohne Bilder, mit Radler).

Bevor es wirklich losgeht, stand heute aber ein Nostalgietag auf dem Programm. Im Winter 2020 waren wir zuletzt in Wien. An einige Dinge meiner Auslandssemester 95/96 kann ich mich auch noch dunkel erinnern. Wien ist vielleicht die Großstadt, in der ich die meiste Zeit verbrachte. Sympathisch aber etwas konservativ hatte ich sie in Erinnerung . Das hat sich geändert. Jetzt präsentiert sich Wien modern, jung, ökologisch, weltoffen – irgendwie fast schon utopisch. Die breite Alleen wurden konsequent in Fahrradstraßen umgewidmet. Überhaupt ist die Stadt eine einzige Fahrradstraße, Autos scheinen nur noch mitgemeint und toleriert zu sein. Überall stehen Wasserspender namens Brunnhilde herum. Beim Filmfestival gibt es Getränke selbstverständlich in echten Gläsern. Auf Pfand wird verzichtet.

Doch der Reihe nach. Ich beginne den Tag am Stephansdom. Von den Kirchen Wiens ist mir die Karlskirche zwar lieber, aber in Fortsetzung unserer Studien in der Normandie ist es interessant, die Gotik Wiens nochmal genauer zu betrachten.

Jeder Besuch Wiens sollte eigentlich das obere Belvedere beinhalten. Ich plane aber spontan um und gehe ins Museumsquartier. Dort gibt es den Neubau des Leopoldmuseums zur Kunst Wiens des 19ten und frühen 20ten Jahrhunderts – der vielleicht spannendsten Epoche der Stadt.

Zwei Stunden später geht es weiter zum Naschmarkt – meinem persönlichen Problemmarkt. Direkt neben der Technischen Universität gelegen lockte er schon zu. Studizeiten immer mit seinen kulinarischen Angeboten, die ich mir damals aber überhaupt gar nicht leisten wollte. Im Winter 2020 war es zu kalt und nass, um länger zu verweilen. Und jetzt? Jetzt hatte ich die Qual der Wahl nur eine Schnabulität verspeisen zu können. Sushi? Falafel? Pasta? Fisch? – Nach mehrmaligen hin und her schlendern gewinnt das Meeresfrüchterisotto…

Es wird heißer und heißer, und ich komme nur noch langsam voran. Am Rathaus – dem einzigen, das auch ein angemessener Wohnsitz Cinderellas sein könnte – beende ich meinen Rundgang. Am Abend findet dort ein Filmfestival mit dem Operkurzfilm Josefine statt.

Morgen geht es nach Bratislava. Vermutlich bin ich dann zu erschöpft zum Bloggen…

P.S. die folgende Bilderstrecke ist etwas länger. Ich habe sie aber schon stark gekürzt.

Die offensichtlichste Besonderheit des Stephansdom ist offensichtlich nicht zu sehen. So prunkvoll der eine Turm ist, so versteckt sich der andere sehr kurz geratene hinter dem gewaltigen Bauwerk.
Brunnhilde sorgt für Abkühlung …
… ebenso solarbetriebene Wassersprenkler
Ein schmaleres Exemplar der Gattung „Fahrradstraße“
Ein Exemplar der Gattung „Wiener Großskulptur“
Katze mit Frau (Leopoldmuseum)
Katze mit Klimt (Leopoldmuseum)
Wir ahnten es schon lange: 2001 wurde beim Domino spielen erdacht (Leopoldmuseum)
Auch Häuser dürfen Emotionen zeigen (Leopoldmuseum)

Impressionen vom Museumsquartier

Ebenso
So ganz unpolitisch ist Wien nicht geworden.
Ein eigenes Ampelmännchen gibt es auch.
Kamele in Wien?
… die Spur führt in den Theseustempel …(kein Stempel)
im Tempel: ein Kamelrücken – eine Allegorie auf Kamelhaar und Ölfässer.
Wenn der Blick einmal geschult ist … noch ein Kamel.
Neben meinem Hotel: der Obelixturm – kein Witz.
Kino vor dem Märchenrathaus.